Seit Ende September ist Mia Etzel aus Münsingen als Freiwillige in Karai und möchte ein halbes Jahr bleiben. Ihre Eindrücke aus den ersten Wochen schildert sie hier:
„Karibu!“ – Willkommen! So wurde ich herzlich von allen begrüßt, als ich hier ankam. „Karibu“ ist Kisuaheli, die gemeinsame Sprache aller Stämme in Kenia, und ich habe mich gleich zu Beginn sehr wohlgefühlt. Gleichzeitig wird man als weiße Person oft mit „Muzungu“ angesprochen, was mir anfangs ungewohnt vorkam. Nach einem Gespräch mit Moses Chege, dem Generalmanager, wurde mir jedoch schnell klar, dass dieser Ausdruck in Kenia keineswegs negativ gemeint ist. Vielmehr freuen sich die Menschen über meine Anwesenheit, und ich habe schnell gelernt, diese freundlichen Rufe mit einem Lächeln zu erwidern.
In meiner ersten Woche durfte ich sowohl das Kinderheim als auch die Schule kennenlernen. Schon am zweiten Tag fiel der Wasseranschluss im Heim aus. Die Caretakerin und ich haben daraufhin kurzerhand die gesamte Wäsche per Hand gewaschen, was mir gleich gezeigt hat, wie flexibel und anpackend die Menschen hier sind. Normalerweise waschen die Kinder ihre Kleidung grundsätzlich selbst von Hand, nur die kleineren Kinder werden teilweise durch eine Waschmaschine unterstützt. In diesem Fall haben wir jedoch die gesamte Wäsche ohne Maschine gewaschen. Es wird hier nicht lange gezögert, sondern einfach gemacht.
Ein besonders eindrückliches Erlebnis in der ersten Woche war das Fellowship, eine Art Gottesdienst für alle Lehrer und Angestellten. Dabei ging es weniger um einen formalen Ablauf, sondern vielmehr darum, was jedem Einzelnen auf dem Herzen lag. Menschen sind nach vorne gegangen, haben gesungen, gepredigt oder persönliche Geschichten geteilt. Ich war tief beeindruckt von der Natürlichkeit, mit der die Kenianer über ihren Glauben sprechen. Es schien, als könnte jeder hier aus dem Stegreif über Gott und das Leben reden, und das hat mich sehr berührt.
Auch in der Schule merkte ich schnell, wie stark der Glaube hier verwurzelt ist. Die Kinder lernen schon von klein auf Bibelverse auswendig und beten vor dem Essen und am Ende des Schultages. Das Gemeinschaftsgefühl, das hier von Anfang an gefördert wird, ist sehr stark. Besonders schön fand ich es, wie die älteren Kinder selbstverständlich den jüngeren helfen – sei es beim Geschirrspülen oder beim Putzen der Klassenräume. Diese Verantwortung übernehmen sie ganz selbstverständlich.
Einer meiner ersten Glücksmomente war, als ich sah, wie kreativ und dankbar die Kinder sind. Sie brauchen keinen teuren Fußball oder ausgefallene Spielsachen – sie basteln sich ihre eigenen Fußbälle aus alten Stoffen oder Plastiktüten und haben trotzdem riesigen Spaß. Diese Einfachheit und Dankbarkeit, die ich hier erlebe, öffnet mir die Augen dafür, wie wenig es manchmal braucht, um wirklich glücklich zu sein.
Ein weiteres Highlight war der sonntägliche Marktbesuch. Hier gibt es frisches Gemüse und Obst in riesigen Mengen, und manchmal sieht man sogar die stolzen Masai, die mit ihrer auffälligen Kleidung leicht zu erkennen sind.
Meine ersten Wochen hier waren intensiv und lehrreich. Ich habe so viele besondere Momente erlebt und durfte ein ganz anderes, aber auch wunderschönes Leben kennenlernen. Es ist ein Blick über den Tellerrand, der mir zeigt, wie viel wir voneinander lernen können – ob es um Einfachheit, Dankbarkeit oder Gemeinschaft geht. Und obwohl ich hier vieles anders mache als zuhause, fühle ich mich jeden Tag mehr „karibu“ – willkommen.